Dieser sehr nach Motiven des Johannes-Evangeliums gestaltete Altar entstand etwa 1680, nur 32 Jahre nach dem damals schlimmsten Krieg aller Zeiten, dem 30-jährigen Krieg. Er ist ein überzeugender Ausdruck des Dankes für die ersten, schweren Friedensjahre.
15 Jahre nach dem zweiten Weltkrieg lag dieser Altar zerlegt, stark beschädigt und völlig verschmutzt im Kohlenlager auf dem Pfarrgrundstück. Er wurde weggegeben und lag jahrzehntelang unbeachtet, aber zum Glück sicher, in Osterode. Trotzdem fand der Altar 1982 den Weg in seine Kirche zurück. Aufmerksamen Mitgliedern der Gemeinde sei Dank dafür.
Eine weitere Besonderheit zeichnet die Altarbilder aus: Es ist die menschliche Nähe zwischen Jesus Christus und den Menschen seiner Umgebung. Die mitmenschliche Zuwendung und das Füreinander-Dasein waren im vergangenen 30-jährigen Krieg verloren gegangen. „Es standen aber bei dem Kreuz Jesu seine Mutter und seiner Mutter Schwester, Maria, die Frau des Klopas und Maria von Magdala. Als nun Jesus seine Mutter sah, und bei ihr den Jünger, den er lieb hatte, spricht er zu seiner Mutter: Frau, siehe, das ist dein Sohn! Danach spricht er zu dem Jünger: Siehe, das ist deine Mutter. Und von der Stunde an nahm sie der Jünger zu sich“ (Joh. 19, 25 ff).
Kann intensiver und eindeutiger zu Fürsorge aufgefordert werden? Die Dreiergruppe Jesus mit Maria und Johannes ist oft auf Kreuzigungsbildern dargestellt. Das Gimter Bild zeigt außerdem die liebende Fürsorge der Maria Magdalena beim Sterben Jesu. Maria Magdalena hält deutlich seinen Fuß. Sie zeigt sich. Sie bekennt sich öffentlich zu ihm und handelt. Sie kniet achtungsvoll und mitfühlend neben dem Kreuz und begleitet das Sterben Jesu. Unser Jesus ist nicht der unberührbare Christus, der sonst stets hoch geachtet, aber einsam am Kreuz hängt. Hier kann gegenseitiges Sorgen, hier kann Christ-Sein geschaut werden.
Auf den oberen Bildern steigt Christus dann auf einen Lichtstrahl, alle grüßend und segnend, mit der Siegesfahne und in den roten Triumphmantel gekleidet zum Himmel auf. Er schwebt leicht an Wächtern vorbei, weiter durch betende oder jubelnde Anhänger und durch die dunklen Wolken nach oben. Dort wird er von Gottes Engeln erwartet. Welch eine klare Bildsprache und vielfältige Interpretation des Johannes-Evangeliums für die Bürger unseres Dorfes, die damals meist nicht lesen konnten, aber Gemaltes gut verstanden. In diesem Altar finden Tod, Ernte, Neubeginn, Barmherzigkeit und ein fröhliches Herz unter dem Kreuz ihren Ausdruck. Jesus lächelt für uns. Er ist Trostspender in Zeiten der Trauer und Zuspruch auf neues Leben. Der lächelnde Jesus verbindet für mich den leidenden, den Glauben schenkenden, den Mut machenden und segnenden Jesus.
Dieser kostbare Dankaltar ist voll inniger Fröhlichkeit und großer religiöser Tiefe. Er macht neugierig und regt zum Staunen und Lesen der biblischen Texte an. „Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke. Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen“ (Joh. 7, 37 f). Vor diesem Altar geht es mir gut.
Reinhard Hahn, im Oktober 2005